Dynamikkompression Teil 1 – Lautheit ist nicht alles

Kompression ist eines der wichtigsten, aber oft auch falsch verstanden, oder falsch angewendeten Werkzeuge in der Musikproduktion. Vor allem in den 2000er Jahren hat Kompression bzw. „Hyperkompression“ einen schlechten Ruf bekommen: Im Wettrennen um immer mehr Lautheit wurde so manche, musikalisch interessante, Produktion geradezu „todkomprimiert“.

Tatsächlich sind dafür meistens eher Limiter statt Kompressoren verantwortlich. Allerdings sind Limiter auch nichts anderes als Kompressoren, die auf eine ganz bestimmte Weise arbeiten. In jedem Fall verbinden viele Menschen mit Kompression bzw. mit dem Effekt den Kompression auf Audiosignale hat, folgende Attribute: Druck, Punch, Wärme, Charakter, Lautstärke, Sustain … die Liste ließe sich bestimmt noch um einiges erweitern.

Kompressoren machen Dinge leiser

Besonders auf Lautstärke möchte ich in Verbindung mit Kompression eingehen. Verbreitet ist die Fehlvorstellung Kompression würde Dinge lauter machen. Das ist zwar nicht ganz falsch, lenkt aber vom eigentlichen Sinn des Werkzeugs ab – nämlich Pegel- und Dynamikkontrolle: Ein Kompressor macht in erster Linie laute Elemente leiser, so dass insgesamt weniger dynamische Schwankungen vorhanden sind und das Signal ausgeglichener klingt.

Ein Beispiel: Ein Sänger oder eine Sängerin singt ruhig in den Strophen, doch im Refrain steigt die Dynamik sprunghaft an. Während in den Strophen der Gesang im Vergleich zu den anderen Elementen ein klein wenig unter geht, ist er im Refrain zu laut. Durch einen entsprechend eingestellten Kompressor können die Spitzenpegel im Refrain eingefangen werden und klingen nun nicht mehr zu laut. Durch leichtes anheben des Signals nach der Kompression setzt sich der Gesang nun auch in den Strophen besser durch.

Es wurden also zwei Dinge gemacht: 1. die Dynamik eingeschränkt und 2. der allgemeine Pegel etwas angehoben. Der Kompressor sorgt also für eine dynamisch ausgeglichene Gesangsperformance. Der Lautstärkengewinn ist dabei nur ein Teil der Arbeit u. U. in manchen Fällen gar nicht nötig (Wenn der Gesang in den Strophen z. B. gepasst hätte und nur im Refrain zu laut gewesen wäre, hätte eine reine Spitzenpegelreduktion ausgereicht).

Nur den eigenen Ohren trauen!

Einer der Gründe, warum Lautstärke oft mit Kompressoren in Verbindung gebracht wird, liegt vermutlich an Presets und automatischen Makeupgain-Algorithmen vieler Plugins. Lädt man sich die Demo des XYZ-Super-Kompressor runter, um ihn auf verschiedenen Spuren zu testen, greift man vielleicht schnell zu einem der vielversprechend klingenden Presets („punchy drums“, „tight bass guitar“ etc…) und ist erstmal begeistert: Alles klingt laut und fett (und lauter klingt für unsere Ohren immer besser). Das liegt aber oft daran das der Ausgangspegel des Kompressor schon angehoben ist, oder durch eingeschaltetes automatisches Makeupgain das Signal angehoben wird. Darauf sollte man unter keinen Umständen hereinfallen! Ein möglicher Gewinn an Lautstärke ist der zweite und nicht immer nötige Schritt. Da aber ein lauteres Signal von uns immer als besser wahrgenommen wird, kann der Einsatz von Kompression schnell zur Sucht werden und ehe man sich versieht ist jedwege Dynamik der musikalischen Performance zerstört.

Ich würde nicht soweit gehen wie der legendäre Bruce Swedien (u. a. verantwortlich für den Sound von Michael Jacksons „Thriller“) von dem der Ausspruch stammt: „Compression is for Kids“ (nachzulesen hier mit einigen weiteren interessanten Gedanken). Trotzdem glaube ich, dass häufig zu viel, zu schnell und einfach falsch komprimiert wird. Auf welche Art der Kompressor sinnvoll eingesetzt werden kann, möchte in einigen weiteren Beiträgen darstellen.

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