Dynamikkompression Teil 3 – Der „Leveling Amplifier“

Nachdem ich in den letzten beiden Teilen eine kurze Einführung zum Thema Kompression gegeben habe, soll es in diesem Beitrag um konkrete Anwendungsmöglichkeiten gehen.

Kompression ist eines der wichtigsten Werkzeuge in der Musikproduktion. Dies mag auch der Grund für die Annahme sein, dass – um Musik professionell zu produzieren – Kompression verwendet werden muss. Wie ich im ersten Beitrag erklärt habe, kann aus dieser Vorstellung schnell eine Sucht werden alles zu komprimieren. Produktionen werden so ihrer Dynamik beraubt und das Ergebnis ist ein langweiliger und lebloser Klang.

Ist es wirklich nötig?

Die einfachste Variante, um den Einsatz eines Kompressors zu umgehen ist die Lautstärkenautomation. Durch Automation der Faders lassen sich einfach zu laute oder zu leise Stellen regeln – ähnlich, wie bei einer Live-Mischung, wo der Pegel an die Performance angepasst wird. Der Vorteil: Die natürliche Dynamik und Klangfarbe wird bewahrt und die Anpassungen können deutlich präziser vorgenommen werden.

Weitere Techniken setzen schon beim Aufnahmeprozess an. Dabei spielt besonders die Performance eine große Rolle: Je besser der Musiker, desto weniger muss (in den meisten Fällen) nachträglich komprimiert werden. Daneben spielen aber auch Aufnahmetechniken, wie Mikrofonierung, aber auch die Auswahl der eigentlichen Sounds, Instrumente (Sticks, Plektren, Saitendicke, Fälle, Amps usw …) eine große Rolle. Hier empfiehlt es sich im voraus viel Zeit zu investieren und zu experimentieren.

In vielen Fällen kommt man jedoch nicht drum herum aufnahmetechnische Mängel mithilfe von Kompression auszugleichen. Darüber hinaus hat der Klang von Kompression auch zu einer ganz eigenen Ästhetik beitragen (Man denke nur an die krachenden und pumpenden Drumsounds vieler Rockbands). Trotzdem: Der Griff zum Kompressor sollte nicht automatisch erfolgen sondern sich stets an einer präzisen Klangvorstellung orientieren.

Dynamische Konsistenz der Performance – der Kompressor als „Leveling Amplifier“

Gerade bei zentralen Elementen im Mix, wie der Stimme, dem Bass oder Soli, ist es oft wichtig, dass sie dynamisch relativ konstant bleiben und sich gegen andere Elemente durchsetzen. Das klassische Werkzeug für diesen Fall ist der „Leveling-Amplifier“ wie z. B. der legendäre LA2A.

Ziel des Kompressors ist es in diesem Fall, transparent (d. h. unauffällig) relativ stark die Dynamik auf ein durchgehend konsistentes Level zu bringen. Der Kompressor, beschränkt sich also nicht nur auf die Reduktion einzelner Spitzen, sondern muss unablässig eingreifen. Entsprechend sollte der Threshold so eingestellt sein, dass der Kompressor durchgehend arbeitet.

Für die Transparenz bzw. Subtilität, spielt der Knee-Faktor eine wichtige Rolle und für den „Leveling Amplifier“-Typ braucht man einen besonders weiche Kurve. Um trotz des weichen Kompressionskurve genug Kontrolle zu erreichen, sollte die Ratio etwa bei 4:1 liegen. Damit die Kompression durchgehend arbeitet empfiehlt sich eine (sehr) kurze Attack-Zeit und eine lange Release-Zeit. Um den Charakter dieses Kompressortypus noch zu verstärken, empfiehlt es sich den Detektor-Modus auf RMS zu stellen.

Ein so eingestellter Kompressor reagiert schnell auf durchschnittliche Lautstärkenschwankungen – ist jedoch aufgrund seiner weichen Kompressionskurve und des eher trägen Detektormodus ungegeignet, um schnelle Transienten (Drums, Percussion) einzufangen.

Hier nochmal die wichtigsten Elemente, um einen Kompressor des Typus „Leveling Amplifier“ mit jedem beliebigen Plugin nachzubauen:

  • Threshold: Niedrig, der Kompressor sollte durchgehend arbeiten
  • Ratio: mind. 4:1 oder höher
  • Attack: So kurz wie möglich, muss nicht dem Material angepasst werden
  • Release: lang, sollte dem Material (Groove, Tempo, Instrument) angepasst werden
  • Knee: Soft-Knee
  • Detektionsmodus: RMS
  • Anwendungen: Vocals, Bass, Akustische Instrumente, E-Gitarre (clean)

Im nächsten Teil: Der Kompressor als „Transientdesigner“

 

 

 

 

 


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